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Grundbuch

I. Welche Informationen sind im Grundbuch vorhanden? Welche kann ich also erfragen?

Aus dem Grundbuch (Abteilung I) ist neben Art und Größe des Grundstücks insbesondere ersichtlich,

  • wer gegenwärtig Eigentümer des Grundstücks ist,
  • von wem, wann und auf welche Weise er das Eigentum an dem Grundstück erworben hat und
  • wem das Grundstück früher gehört hat.

Die Grundakte enthält die Urkunden, die den Grundbucheintragungen zugrunde gelegen haben. So ergibt sich aus dem Kaufvertrag z.B. die Höhe des Kaufpreises, den der Erwerber für das Grundstück gezahlt hat.
Ob und in welchem Umfang ein Grundstück mit Hypotheken und Grundschulden belastet ist, ergibt sich aus den Eintragungen in Abteilung III. Ihnen lässt sich entnehmen,

  • mit welchen Grundschulden das Grundstück belastet ist,
  • wann und zu wessen Gunsten diese eingetragen sind und
  • in welcher Höhe.

Aus der Höhe der eingetragenen Grundschuld können allerdings nicht ohne weiteres Schlüsse auf die Höhe der Verschuldung des Grundstückseigentümers gezogen werden. Es ist nämlich durchaus möglich, dass er das besicherte Darlehen bereits ganz oder teilweise getilgt hat. Dies ist insbesondere zu berücksichtigen, wenn die Eintragung schon längere Zeit zurückliegt.

In Abteilung II des Grundbuchs können ferner weitere Grundstückslasten und Verfügungsbeschränkungen eingetragen sein.

Als Grundstückslasten kommen beispielsweise ein Erbbaurecht, Vorkaufsrechte, Dauerwohn- und –nutzungsrechte sowie ein Nießbrauch in Betracht.

Verfügungsbeschränkungen können sich neben einer Testamentsvollstreckung vor allem aus einer Zwangsvollstreckung oder einer Insolvenz ergeben.

II. Wo sind die Informationen über ein bestimmtes Grundstück vorhanden? Wie komme ich an die gewünschte Information?

Eine Grundbuchrecherche kann mit einer Anfrage bei der Grundbuchabteilung des Amtsgerichts gestartet werden, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Dort kann auch Einsicht ins Grundbuch beantragt und eine Kopie des Grundbuchblattes des betroffenen Grundstücks bestellt werden.

Da die Grundbücher nicht mehr in schriftlicher Form bei den Grundbuchämtern vor Ort gehalten werden, sondern in elektronischer Form in zentralen Rechenzentren gespeichert sind, kommt theoretisch auch eine Internet-Grundbucheinsicht in Betracht. Unbeschränkt steht der Zugang zur Internet-Grundbucheinsicht Behörden, Gerichten, Notaren und Vermessungsingenieuren offen. Anderen Interessenten kann der Zugang eröffnet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse darlegen – etwa im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit häufig auf Grundbuchdaten zurückgreifen müssen. Das dürfte auf Journalisten in aller Regel nicht zutreffen. Im Übrigen dürfte sich der hohe finanzielle Aufwand, der mit der Zulassung zum elektronischen Grundbuch verbunden ist, in aller Regel für Journalisten auch nicht auszahlen.

III. Inhalt und Grenzen des Einsichtsrechts: Unter welchen Voraussetzungen bekomme ich welche Information?

Einsicht ins Grundbuch erhält nur, wer ein berechtigtes Interesse darlegt.

Das öffentliche Informationsinteresse im Sinne des Presserechts ist ein berechtigtes Interesse im Sinne des Grundbuchrechts.

Grundsätzlich ist das öffentliche Informationsinteresse gegen den Persönlichkeitsschutz der im Grundbuch Eingetragenen abzuwägen. Dafür gelten die folgenden Grundsätze:

  • Soweit die Recherche der Aufbereitung einer sachbezogenen und ernsthaften Auseinandersetzung mit einer Frage von allgemeiner Bedeutung dient, tritt der Persönlichkeitsschutz zurück.46 Soweit zu diesem Zweck Informationen aus den Grundakten erforderlich ist, kann der Journalist auch Auskünfte aus den Grundakten bzw. Einsicht in sie verlangen.47
  • Soweit es hingegen lediglich um die Befriedigung der Neugier des Publikums geht, geht der Persönlichkeitsschutz vor.48
  • Soweit eine Grundbuchauskunft zur Befriedigung des geltend gemachten Informationsinteresses ausreicht, besteht kein Anspruch auf Grundbucheinsicht.49
  • Die Entscheidung über die Auskunft ist in der Regel ohne Anhörung des Betroffenen zu treffen.50

Der Journalist ist darlegungspflichtig. Er muss dem Grundbuchamt gegenüber zum einen die Informationen, die er haben will, genau bezeichnen. Zum anderen muss er sein Rechercheziel darlegen, um das öffentliche Informationsinteresse an der Auskunft oder Einsicht  zu begründen. Schließlich empfiehlt es sich, die gewünschte Zugangsart zu benennen (Auskunft, Einsicht, Grundbuchauszug). Wer Einsicht in die Grundakten begehrt, wird zudem darlegen müssen, welche Dokumente er aus welchen Gründen einsehen will.

Nachfolgend ein Beispiel für die Formulierung eines entsprechenden Antrags.

 

Süddeutsche Zeitung

Redaktion Nordrhein-Westfalen

An das
Amtsgericht Gelsenkirchen

Grundbuchamt

Betr: Auskunft über Eigentümerwechsel                   Bochum, den 11. Juni 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich Auskunft über den derzeitigen ins Grundbuch eingetragenen Eigentümer des Grundstückes Flur 88 Flurstück 56 „Parkstadion". Das Grundstück gehörte bislang der Stadt Gelsenkirchen und wurde im September vergangenen Jahres an den FC Schalke e.V. verkauft, der das Gelände dann an die Schalke Parkstadion GmbH & Co ICG weiterverkauft hat. Das Gelände soll dem Vernehmen nach in mehrere Stücke aufgeteilt worden sein. Uns interessieren nun die Eigentums- und Belastungsverhältnisse, der Flur 88 Flurstück 56 „Parkstadion".
Bei unserem Antrag berufen wir uns auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes l BvR 1307/91 vom 28.08.2000 und die Entscheidung des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer vom 04.02.2003 in gleicher Sache.
In den vergangenen Wochen sind der Süddeutschen Zeitung umfassende Informationen zugegangen, nach denen Der FC Gelsenkirchen-Schalke 04 in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten stecken soll. Den Informationen zufolge kann eine Überschuldung nicht ausgeschlossen werden. Um den Verdacht im Rahmen unserer journalistischen Sorgfaltspflicht überprüfen zu können, benötigen wir Klarheit über die  Belastungen und Eigentumsverhältnisse der entsprechenden Grundstücke. Ich weise Sie darauf hin, dass die Eigentümer der Grundstücke nicht der beabsichtigten Einsichtnahme zustimmen müssen. Sie dürfen laut BVG auch nicht über die beabsichtigte Einsichtnahme informiert werden, da sonst die Recherchen verunmöglicht würden.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen ständig unter 0172-XXXXXX zur Verfügung.

Mit den besten Grüßen

46 Vgl. BVerfG in AfP 2000, S. 559 ff.

47 Vgl. Landgericht Mosbach in AfP 1990, S. 63 = NJW-RR 1990, S. 212 ff.

48 Vgl. Berliner Kammergericht in AfP 2002, S. 39 ff.

49 Vgl. BVerfG in AfP 2000, S. 566 f.

50 Vgl. BVerfG in AfP 2000, S. 559 ff.